Kinder sind Forscher und Entdecker, Erfinder und Künstler. Sie sind neugierig:

Sie wollen malen, singen, tanzen, dichten, musizieren.
 
Sie wollen lernen, wie man mit anderen Menschen gut auskommen kann.
 
Und sie wollen wissen, wie die Welt funktioniert und wie man mit diesem Wissen etwas Neues schaffen und sich gegenseitig helfen kann.

Wenn wir etwas herausgefunden haben oder wenn wir uns etwas ausgedacht haben, dann haben wir den Wunsch, dies Anderen zu erzählen. Kein Problem:  Wir können ja sprechen.  Kein Problem?

Was ist denn, wenn wir etwas neues entdeckt oder erfunden haben, für das es noch kein Wort, noch keinen Bezeichner gibt?
 
Und was ist, wenn wir auf jemanden treffen, der ein Wort noch nicht kennt, das ganz wichtig ist, um unserer Erzählung zu verstehen?

Und noch ein Problem:  Wenn wir etwas Neues herausgefunden oder uns etwas Neues ausgedacht haben, dann möchten wir dieses Neue auch behalten. Wir wissen aber, dass wir vergessen. Daher suchen wir nach Möglichkeiten, wie wir das, was wir erdacht haben, oder das, was unsere Eltern uns erzählt haben, festhalten können.

Wenn wir ein Bild malen, dann haben wir das Bild. Das können wir Anderen zeigen und wir können es aufbewahren. Da gibt es also kein Problem.

Was aber, wenn wir ein Lied komponiert haben und es nicht vergessen wollen?

Nun, wir können es anderen vorsingen und die können es wieder anderen vorsingen und so weiter und so weiter.
 
Das machen die Menschen wahrscheinlich schon ganz schön lange so.
 
Es kann aber passieren, dass sich das Lied - über einen längeren Zeitraum - allmählich verändert und irgendwann keiner mehr weiß, ob das Lied noch so ist, wie es sich sein Künstler ausgedacht hat.
 
Vielleicht wird das Lied auch ganz einfach vergessen.

Gut, dass die Menschen auf die Idee gekommen sind,

das Lied aufzuschreiben. Wie?
Man hat sich für jeden Ton, den es gibt, ein Zeichen ausgedacht.
 
Und so, wie die Töne im Lied hintereinander gesungen werden, schreibt man diese Zeichen hintereinander auf.

Was aber, wenn man eine Geschichte, die man den Kindern weiter erzählt hat, auch aufschreiben will?

Nun, dann kann man ja für ein Wort, auch ein Zeichen erfinden.
 
Es gibt Menschen, die sich so etwas bereits ausgedacht haben. Da es aber sehr viele Wörter gibt, müssen die Kinder dort sehr viele Zeichen lernen.

Gibt es eine bessere Idee?

Andere Menschen hatten - zum Glück - eine neue Idee:
 
Ein Wort, das wir sprechen, besteht ja aus verschiedenen Lauten. Dann könnte man doch, wie bei einem Lied, für jeden Laut ein Zeichen erfinden und dann die Zeichen für die Laute eines Wortes hintereinander schreiben.
 
Dann brauchen wir nur so viele Zeichen, wie es Laute gibt.
 
Da die Menschen in den vielen verschiedenen Ländern auch viele verschiedene Laute haben, muss es natürlich auch viele Zeichen geben. Aber sicherlich sehr viel weniger Zeichen als es Worte auf der Welt gibt.

Wir können nun also aufschreiben, was wir wissen. Das ist eine tolle Erfindung:

So können wir unser Wissen aufbewahren. Und später einfach nachlesen, wenn wir etwas vergessen haben.
 
Und wir können unser Wissen an andere weitergeben. Die müssen nur lesen lernen.

Aber, da gibt es ein großes Problem! Welches?

Das man zuerst einmal lernen muss, bei welchem Zeichen man welchen Laut von sich geben muss?
Ja, aber das ist nur das kleinste Problem, ein Problemchen.
 
Schon ein etwas größeres Problem ist, dass man ja auch die Sprache verstehen muss, in der etwas geschrieben ist.
 
Bei einem richtig großen Problem merkt man meist gar nicht, dass es dieses Problem überhaupt gibt. Hier ein Beispiel:

Wir erzählen eine Geschichte. In dieser Geschichte spielt ein Auto die Hauptrolle. Plötzlich fragt einer der Zuhörer: "Was ist ein 'Auto'?". Er hat noch nie ein Auto gesehen. Und weil er noch nie ein Auto gesehen hat, kann er diese Geschichte auch nicht verstehen. Wir müssen Möglichkeiten erfinden, um ihm zu erklären, was ein 'Auto' ist:

 
1.
 
Wir können ein Auto zeichnen. Und dann erzählen, wofür das, was wir da gezeichnet haben, gut ist, welche Funktionen es hat.
 
2.
 
Viel eindrucksvoller wäre es sicher aber, wenn wir ein Modellauto vorzeigen könnten. Mit Rädern, die sich drehen können und mit einer Lenkung, so dass wir zeigen können, wie ein Auto funktioniert. Mit dem Steuerrad können wir die Richtung der vorderen Räder nach rechts oder links bewegen.
 
Und wenn wir jetzt mit dem Auto spielen, dann wird anschaulich, wofür ein Auto gut ist, welche Funktionen es hat. Man sieht und fühlt, wie es funktioniert. Die Funktionen zu verstehen ist wichtig. Denn sie machen das aus, was wir als 'Auto' bezeichnen.
 
Wer noch nie ein Auto gesehen hat, wird sicher fragen, wieviele Menschen denn notwendig sind, um ein richtiges Auto zu schieben. Da liegt natürlich ein Missverständnis vor, weil unserem Modellauto eine ganz wichtige Funktion fehlt, nämlich das Von-selber-fahren-können, also ein Motor.
 
Nachdem unser Noch-nicht-Wissender dies auch verstanden hat, können wir ihm noch erklären, wie dieses Gefährt zu seinem Namen, seinem Bezeichner kam. Wenn man die wichtigste Funktion zum Namensgeber macht, dann hätte man vielleicht von einem 'Von-selber-Gefährt' sprechen können. Kein sehr schönes Wort. Deshalb hat man nach einen anderen Bezeichner gesucht.
 
Und wie so oft, wenn man kein eigenes Wort hat, dann erfindet man ein neues oder - man leiht sich ein Wort aus - aus einer anderen Sprache. 'Von selber' hieß bei den alten Römern 'auto'. Das klingt gut und ist schön kurz.
 
Unser Modellauto wäre natürlich ein richtig tolles Modell, wenn es auch noch einen Motor hätte. Denn dann könnte man alle wichtigen Funktionen vorführen, nämlich
• von selber fahren  -  und
 
• gelenkt werden können.
 
3.
 
Um zu zeigen, was wir mit 'Auto' meinen, gibt es noch eine dritte Möglichkeit:
 
Wir nehmen einen Computer und malen mit einem Programm ein Auto. Jetzt haben wir ein Bild von einem Auto.
 
Und wenn wir dann mit Hilfe eines anderen Computerprogramms diesem Bild die Fähigkeiten geben, von selber zu fahren und die Richtung verändern zu können, dann haben wir ein Modell eines Autos. Mit diesem Modell können wir "Auto spielen". Wir können all das tun, was ein Auto auch tut. Wir tun so, als ob das Modell ein Auto wäre. Für "so-tun-als-ob" sagt man auch 'simulieren'.
 
Dieses Modell, also unser simuliertes Auto, können wir steuern. Nur nicht mit Gaspedal und Lenkrad, wie in einem richtigen Auto, sondern mit !Befehlen. Wir geben !Kommandos:
 
    ! - Auto - dreh dich - um ... soundsoviel
 
Oder:
 
    ! - Auto - fahre - um ... soundsoviel
 
Normalerweise geben wir die Befehle am Computer als Text ein. Aber vielleicht habt Ihr auch schon einmal gesehen, dass man ein "Spielzeug-Lenkrad" an einen Computer anschließen kann. Dann werden die Befehle von diesem Lenkrad ausgelöst. Außer dem Lenkrad könnten wir uns vielleicht auch noch ein "Spielzeug-Gaspedal" anschaffen und hätten so den perfekten 'Fahrsimulator'.

In Eurem Email-Archiv habe ich entdeckt, dass es eine Diskussion um die Möglichkeiten des Einsatzes von Etoys gegeben hat. Ich bin der Überzeugung, dass diese Frage von sehr grundsätzlicher Bedeutung ist und möchte daher diese Frage hier noch einmal aufgreifen. Richtig ist sicher, dass Etoys - als Teil von Squeak - eine Möglichkeit ist, Wissen darzustellen und zu verarbeiten. Um die Funktion von Etoys zu verstehen, wäre es sicher nicht nur für Kinder sondern für alle Neugieriggebliebenen hilfreich zu wissen, welche Möglichkeiten es überhaupt gibt, Wissen darzustellen und zu verarbeiten. Denn wenn man versteht, welche Möglichkeiten sich der Mensch geschaffen hat, Wissen darzustellen - und WOZU er dies getan hat, dann weiß man auch, welche dieser Möglichkeiten für welche Aufgabe geeignet sind. Hat man erst einmal diesen Überblick und dieses Grundverständnis, dann kann man auch viel leichter verstehen,

• wozu Etoys gut ist,
 
• wann man Etoys einsetzen kann und
 
• welche Funktion Etoys hat.

Im Folgenden beschreibe ich aus einer pädagogisch-wissenschaftlichen Sicht die Möglichkeiten Wissen so darzustellen und zu verarbeiten, dass dies auch für -die- Kinder und Jugendlichen verständlich ist, für die Etoys geschrieben ist. Kritik ist sehr erwünscht.